Foto by pixabay

Leitfaden in 3 Schritten

Werde zum kompetenten Vermittler in Krisensituationen zwischen Kollegen

15. Dez. 2020
Autor: Martin Stabba

Hast Du das auch schon mal erlebt? Zwischen zwei Kollegen kriselt es und nach und nach spitzt sich die Situation immer weiter zu. Irgendwann merken die beiden: „Wir müssen das klären, sonst eskaliert das alles und zusammen arbeiten geht gar nicht mehr!“ Weil sie schon erlebt haben, dass sie im Gespräch darüber schnell aneinandergeraten, kommen sie vielleicht auf die Idee, eine dritte Person als neutralen Gesprächsleiter mit einzubeziehen.
Und hier kommst Du ins Spiel. Dieser Gesprächsleiter muss nämlich nicht unbedingt im Unternehmen für diese Aufgabe offiziell bestimmt sein. Mit ein wenig Vorbereitung kann jeder Kollege diese Rolle übernehmen. Hier erfährst Du, worauf Du dabei achten solltest und wie Du Dich vorbereiten kannst. Für Dein Team und Dein Unternehmen kannst Du so zu einem wichtigen Ansprechpartner in Krisensituationen werden.

 

Die Grundvoraussetzungen:
Ob Du Dich erfolgreich als Vermittler oder Gesprächsleiter engagierst, hängt stark von Deiner persönlichen Haltung und Einstellung ab. Deswegen möchte ich mit drei grundlegenden Punkten beginnen, die Du für Dich selbst immer im Hinterkopf behalten solltest:

1. Kommt Zeit, kommt Rat!
Hört sich platt an, ist aber trotzdem nicht verkehrt. Ein Vermittlungsgespräch kann nur erfolgreich sein, wenn Du genügend Zeit einplanst. Auch wenn Du, wie Du weiter unten sehen wirst, die Fäden in der Hand hältst, kannst Du nicht immer steuern, wie viel die beiden zu erzählen haben. Manchmal können sie gar nicht so schnell auf den Punkt bringen, was sie sagen möchten. Manchmal spielen auch so viele Faktoren in der Auseinandersetzung eine Rolle, dass sich die Gesprächsdauer vorher überhaupt nicht einschätzen lässt.
Plane also lieber zu viel Zeit ein. Wenn Du weißt, dass für Dich oder Deine Gesprächspartner in 30 Minuten schon das nächste Meeting wartet, macht es wenig Sinn, zu beginnen. Sicherlich möchten beide so schnell, wie möglich loslegen, aber sie möchten ihr Anliegen natürlich auch in Ruhe besprechen. Du würdest Dir an ihrer Stelle bestimmt auch wünschen, dass sich jemand die Zeit nimmt, Dir richtig zuzuhören.
Deswegen wähle lieber einen Termin aus, an dem keiner von Euch die ganze Zeit auf die Uhr schauen muss.

2. Alle für einen, einer für alle!
Auch das klingt wieder ziemlich abgedroschen. Dennoch spiegelt dieser Satz genau die Haltung wider, die Du Dir zu eigen machen solltest.
Und was steckt dahinter? Deine beiden Kollegen haben sich für Dich entschieden, damit Du sie neutral in einem Gespräch begleitest. Und nun liegt es an Dir, ihnen zu zeigen, dass sie mit ihrem Anliegen während des Gespräches für Dich an erster Stelle stehen. Du übernimmst die Aufgabe nicht, weil Du so tolle Kommunikationstechniken beherrscht oder weil Du selber einen Vorteil hast, wenn die beiden wieder miteinander klarkommen. Du nimmst die Rolle an, weil es für die beiden wichtig ist, darüber zu sprechen und sie Dir darin vertrauen, dass Du das hinbekommst. Starte das Gespräch nur, wenn Du nicht abgelenkt bist und Du Dich selbst bereit fühlst.

3. Schiri, wir wissen, wo Dein Auto steht!
Photo by pixabayKeine Sorge, niemand wird Dir Dein Auto demolieren!
Es ist aber trotzdem wichtig, dass Du sehr darauf achtest, nicht als Schiedsrichter aufzutreten. Als Vermittler ist es nicht Deine Aufgabe, zu entscheiden, wer Recht hat und wer nicht oder ob überhaupt jemand Recht hat. Beschließe einfach für Dich selbst, dass Du gar nicht wissen kannst, was wirklich passiert ist oder was richtig oder falsch ist. Das können die beiden selbst herausfinden, denn sie waren dabei. Und vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Vielleicht ist es wichtiger, wie sie damit demnächst umgehen wollen…
Allerdings darfst Du als Vermittler auch die gelbe und rote Karte verwenden. Als Gesprächsleiter achtest Du darauf, dass die Regeln und Grenzen eingehalten werden. Was das im Einzelnen bedeutet, erfährst Du weiter unten. Soviel verrate ich aber schon: es werden Dir Situationen begegnen, in denen Du Deine Gesprächspartner zur Ordnung rufst, zur Halbzeit pfeifst oder Dich sogar für einen Spielabbruch entscheidest.

 

So, das waren drei wichtige Grundvoraussetzungen für einen neutralen Vermittler. Es gibt sicherlich noch einige andere, die in bestimmten Gesprächssituationen ihre eigene Bedeutung haben. Jeder Konfliktmanager wird Dir eine Reihe von Hinweisen geben können, die er für besonders wichtig hält und es lohnt sich immer zuzuhören, wenn jemand aus dem Nähkästchen plaudert – es gibt viele Tricks und Kniffe, die man sich abgucken kann.

Was Du bis hierhin gelesen hast, kannst Du Dir wahrscheinlich gut merken und es wird Dir nicht schwerfallen, es umzusetzen. In den folgenden Kapiteln erfährst Du, wie Du Dich im Vermittlungsgespräch neutral verhältst, wie Du das Vertrauen Deiner Gesprächspartner erlangst und wie Ihr auch tatsächlich zu einem Ergebnis kommen könnt.
Nicht jede der beschriebenen Techniken wirst Du aus dem Stehgreif beherrschen, die musst Du immer wieder üben. Dafür kannst Du Dich z.B. an Deine Freunde oder Deine Familie wenden, denn, ich muss es zugeben, besonders am Anfang fühlt sich so manches davon holprig und ungewohnt an und das Üben soll Dir ja nicht peinlich sein. Lass’ Dich nicht entmutigen, Du wirst schnell bemerken, dass Du die Techniken bald viel selbstverständlicher einsetzt.

 

Schritt 1: Verhalte Dich neutral!
Das hört sich erstmal logisch an, denn ein Vermittler sollte ja immer irgendwie neutral sein. Es kann dabei aber einige Fallstricke geben, die Du im Auge behalten solltest. Wir Mediatoren bezeichnen uns als allparteilich. Diese Haltung gegenüber unseren Klienten ist manchmal gar nicht einfach. Z.B. gehört dazu, dass es für uns eigentlich nicht relevant sein soll, ob etwas wahr oder falsch, gut oder schlecht ist.
Aber keine Sorge, Du musst nicht allparteilich wie ein Mediator sein. Trotzdem ist es wichtig, dass Dich Deine Gesprächspartner als neutral wahrnehmen. Um das zu erreichen, kannst Du die folgenden Tricks anwenden:

PfeilDistanz:
Versuche, Distanz zu wahren und nicht Position zu beziehen.Photo by Markus Spiske Du kannst damit rechnen, dass beide Kontrahenten versuchen, Dich auf ihre Seite zu ziehen. Vermeide, als Vermittler für Deine liebste oder liebsten Kollegen*in in Aktion zu treten. Dann wird es Dir leichter fallen, nicht für den einen oder den anderen einzutreten und Du riskierst nicht, dass Euer gutes Verhältnis unter Deinem Einsatz leidet.

PfeilZuhören:
Lass’ Dir immer von beiden Seiten die Standpunkte schildern. D.h., wenn der eine etwas erzählt, vorwirft oder in den Raum stellt, frag’ auch jedes Mal den anderen, wie er das sieht. Achte darauf, dass Du die Aussagen nicht bewertest. Du solltest Sätze, wie: „Das stimmt (nicht)!“ oder „Das sehe ich genauso (ganz anders).“ nicht benutzen. Der andere fühlt sich dann schnell in die Enge gedrängt, weil er das Gefühl bekommt, gegen zwei Gegner zu kämpfen.

Stattdessen könntest Du versuchen, die Aussagen in Deinen eigenen Worten zu wiederholen. Das nennt man „Spiegeln“. Ganz großartig ist es, wenn Du es schaffen kannst, negative Aussagen weniger negativ auszudrücken. Das heißt dann „Reframing“ und erfordert einige Übung, aber es lohnt sich! Wichtig ist, dass Du Dich immer vergewisserst, dass Du alles richtig wiederholt hast.
Du darfst natürlich, wenn Du etwas nicht richtig verstehst, noch einmal nachfragen. Gehe davon aus, dass die andere Partei nur alles richtig versteht, wenn Du selbst es verstehen kannst. Beachte dabei: Verstehen heißt hier nicht einverstanden zu sein, sondern nachvollziehen zu können, warum jemand eine bestimmte Sichtweise hat.

PfeilGesprächsregeln:
Wenn Dich zwei Kollegen bitten, als Vermittler in einem Konflikt das Gesprächzu leiten, haben sie meistens schon die Erfahrung gemacht, dass es schnell hoch her geht.Photo by pixabay Deswegen solltest Du von Beginn an auf die Gesprächsregeln achten. Das bezeichnet man als „Gesprächshoheit“. Diese Regeln legst Du selbst fest. Am besten richtest Du Dich nach den Gepflogenheiten, die in Eurem Team üblich sind. Natürlich sind Beleidigungen und private, ethnologische oder sexistische Anspielungen ausgeschlossen. Sprich die Regeln am Anfang des Gespräches an, damit sich beide Parteien einverstanden erklären können.

Während des Gespräches solltest Du außerdem darauf achten, dass beide Parteien ungefähr die gleiche Zeit zum Reden haben. Dabei kommt es nicht auf die Sekunde an, aber wenn der eine sehr viel redet, sollte der andere ähnlich viel Zeit bekommen, um seine Sicht der Dinge darzulegen.

Und, hast Du es bemerkt? Das funktioniert nämlich nur, wenn beide immer abwechselnd reden. Es ist also auch Deine Aufgabe einzugreifen, wenn die beiden sich ständig ins Wort fallen. Du kannst das direkt ansprechen („Ich habe das Gefühl, wir kommen so nicht weiter. Bitte lasst Euch gegenseitig ausreden.“). Wenn Du Dich schon sicherer fühlst, könntest Du diese Dynamik auch bremsen, indem Du selbst zusammenfasst, was gerade gesagt wurde („Ich würde gerne an dieser Stelle kurz zusammenfassen, was Ihr gesagt habt.“).

Mit der Zeit und ein wenig Erfahrung wirst Du ganz gut einschätzen können, was für die beiden Kontrahenten und für Dich ok ist und was nicht. Manchmal kommt es z.B. vor, dass ein Gesprächspartner sehr lange braucht, um seine Sicht darzulegen. Vielleicht ist er es einfach nicht gewohnt, so zu erzählen oder er ist vielleicht sehr unsicher. Für den anderen Gesprächspartner kann das durchaus in Ordnung sein und er fühlt sich nicht unfair behandelt, wenn er weniger Zeit benötigt. Du wirst für solche Situationen von Mal zu Mal ein besseres Gespür entwickeln.

Das Gleiche gilt für Situationen, in denen es lauter wird. Vergiss nicht, die beiden streiten sich womöglich schon länger und Emotionen haben sich Photo by Milan Chudobaaufgestaut. Das gehört einfach dazu und ist erlaubt, Du musst das aushalten können. Wo die Grenzen liegen, solltest Du für Dich selbst vor einem Gespräch definieren. Während des Gesprächs können sich die Grenzen noch verschieben, jede Konfliktsituation ist anders. Aber Du solltest eingreifen, wenn Du Dich selbst unwohl fühlst und mit der Art und Weise nicht einverstanden bist.
Und natürlich ist es ebenfalls in Ordnung, wenn Du das Gespräch abbrichst, weil es zu sehr zu eskalieren droht („Ich habe das Gefühl, ich kann Euch nicht auf einem halbwegs sachlichen Weg durch das Gespräch leiten, darum lasst uns lieber abbrechen, bevor Blut fließt.“). Das ist kein Eingestehen von Unvermögen, sondern zeigt Deine Gesprächskompetenz als Vermittler und das ist ja genau das, worum Deine Kollegen Dich gebeten haben.

PfeilZurückhaltung:
Denk bei Deiner Gesprächsführung immer daran, dass es sich nicht um Deinen Konflikt handelt. Wenn Du an der Stelle einer der Parteien wärst, hättest Du vielleicht schon einige Lösungsvorschläge parat. Aber lass Dir gesagt sein, auf die Ideen sind die Beiden meistens auch schon gekommen und es hat nicht funktioniert. Mach’ es nicht zu Deiner Aufgabe, „die Lösung“ zu finden und Vorschläge zu machen, das sollen und können die Beiden selbst tun. Du hast wahrscheinlich schon gemerkt, dass Du genügend Dinge hast, auf die Du Dich konzentrieren musst. Und wenn Du das gut hinbekommst, schaffst Du für die Beiden einen Rahmen, um selbst neue und gute Lösungsideen zu entwickeln, die speziell für sie passen.

PfeilKonfliktthemen:
Vielleicht kennst Du das von Dir selbst: wenn man mit jemanden diskutiert, kommt man schnell von einem zum anderen und hat hinterher das Gefühl, doch nicht alles gesagt zu haben. Das wird Dir in solchen Vermittlungsgesprächen auch passieren.

Um die Übersicht zu behalten, kann es Dir helfen, wenn Du die wichtigen Punkte aufschreibst. Am besten machst Du das für alle Gesprächspartner sichtbar, also z.B. auf einer Flipchart oder einem Whiteboard. In einer Mediation heißt das Themensammlung und wird fast zu Beginn des Gesprächs gemacht. Man kann dann jeden wichtigen Punkt einzeln besprechen und alle wissen, dass keiner einfach vergessen wird.

Wenn Du einen solchen Punkt aufschreibst, vergewissere Dich, dass er für die beiden Parteien wirklich wichtig ist. Nur weil Du ihn wichtig findest, heißt das nicht, dass die beiden ihn auch wichtig finden. Handele immer nach der Devise: Nur über das, was die beiden selbst ansprechen, wird auch gesprochen.

Außerdem solltest Du immer die Möglichkeit offenhalten, später noch weitere Punkte in die Liste einzufügen oder schon vorhandene Punkte wegzustreichen. Mitunter sind die Themen so eng verbunden, dass mit einer Lösung des einen auch das andere gelöst ist. Das kann man dann gleich mit abhaken. Oder es wird erst im Verlauf des Gesprächs deutlich, dass der wahre Grund für den Konflikt ein ganz anderer ist, dann muss man vielleicht noch Themen hinzufügen.

 

Schritt 2: Vertrauen schaffen
Das Vertrauen Deiner Kollegen ist einer der wichtigsten Punkte, damit Du die Rolle eines Vermittlers oder Gesprächsleiters verantwortungsvoll übernehmen kannst. Du erreichst dieses Vertrauen, indem Du Dich an bestimmte Regeln hältst.Photo by Kat Jayne

PfeilVertraulichkeit:
Dazu gehört natürlich, dass Du Dich niemals mit anderen über die Gesprächsinhalte austauschst. Wenn Du während des Gespräches etwas aufgeschrieben hast, z.B. auf einer Flipchart, dann vernichte diese Blätter, damit sie niemand anderes zu Gesicht bekommt. Und es kommt niemals gut an, wenn Du Dich mit Deinen Gesprächserfolgen brüstest.

PfeilLocation:
Damit sich Deine Kollegen im Gespräch sicher und gut aufgehoben fühlen, kannst Du es übernehmen, Dich um eine passende Location zu kümmern. Wähle einen Raum aus, in dem Ihr ungestört Euer Gespräch führen könnt. Es ist unangenehm, wenn jemand die Tür aufreißt und hereinplatzt. Du könntest z.B. ein „Bitte nicht stören“-Schild an die Tür hängen.
Außerdem sollte niemand durch eine Glasscheibe neugierige Blicke hineinwerfen können. Und falls es doch mal lauter wird, sollte der Raum ein Mindestmaß an Schallschutz bieten, schließlich sollen die anderen Kollegen nicht mit langen Ohren an ihren Schreibtischen sitzen.

Apropos sitzen: im Sitzen lässt sich ein solches Gespräch meistens ruhiger und sachlicher führen. Achte darauf, dass für alle Gesprächsteilnehmer Sitzgelegenheiten vorhanden sind, und zwar so, dass sich alle direkt ins Gesicht sehen können. Bei der Gelegenheit kannst Du auch gleich Hilfsmittel, wie z.B. einen Notizblock oder eine Flipchart bereitstellen, falls Ihr etwas aufschreiben möchtet.

PfeilDeine Skills:
Deine Kollegen sollen auch auf Deine Kompetenzen als Vermittler vertrauen. Dazu gehört, dass sie wissen, was für Dich Neutralität bedeutet. Die oben beschriebenen Hilfsmittel und Techniken solltest Du also gut kennen und Du solltest erklären können, warum Du sie anwendest.

Es gibt Dir und Deinen Gesprächspartnern außerdem enorm Sicherheit, wenn Du Deine eigenen Grenzen kennst und festlegst, und Dich auch gegenüber Deinen Kollegen daran hältst.
Vertrauen in Deine Kompetenzen entsteht z.B. auch, wenn Du eine Bitte nach einer Vermittlung ablehnst, weil Du vielleicht nicht die notwendige Neutralität bieten kannst oder weil Du Dich an diesem Tag nicht stark genug fühlst, ein solches Gespräch leiten zu können. Damit zeigst Du Deinen Kollegen, dass Du sie und ihre Situation ernst nimmst und die Gesprächsführung nicht auf die leichte Schulter nimmst.
Haben Deine Kollegen dieses Grundvertrauen in Deine Kompetenzen, werden sie es Dir nicht anlasten, wenn es in dem Gespräch nicht zu einer Lösung kommt.

 

Schritt 3: Die Lösung
Das Ziel eines Vermittlungsgespräches ist natürlich, dass die beiden Kontrahenten ihre Probleme in den Griff bekommen. Das dieses Idealziel erreicht wird, wirst Du aber nicht in jedem Gespräch erleben. Manchmal reicht die Zeit dafür einfach nicht oder die Probleme sind so weitreichend, dass die beiden gar nicht alleine die notwendigen Entscheidungen treffen können.

Um die Konfliktsituation zu entschärfen, kann es genügen, dass sich die Parteien darauf einigen, wie sie demnächst miteinander umgehen oder auch, welche nächste Instanz sie gemeinsam um eine Entscheidung bitten.
Du kannst darauf vertrauen, dass solche Teillösungen oft eine große Wirkung haben. Deine Gesprächspartner werden nämlich erleichtert sein, dass sie überhaupt ein sinnvolles Gespräch geführt haben. Solch ein Erfolgserlebnis verbindet und kann von ganz allein weitere Veränderungen in Gang setzen.

Und wie kommt Ihr nun zu einer Lösung?

An einem gewissen Punkt während des Gespräches wird es Zeit, dass die beiden über Lösungsvorschläge nachdenken. Wenn sie nicht von allein damit loslegen, kannst Du sie direkt darauf ansprechen und um Vorschläge bitten.

PfeilVisionen:
Ihr werdet irgendwann das Gefühl bekommen, dass keine neuen Aspekte zum Warum und Weshalb mehr angesprochen werden. Du als Gesprächsleiter wirst das vielleicht eher Photo by James Fridbemerken können, weil Du emotional nicht so stark involviert bist, wie Deine Kollegen. Deswegen könntest Du in einem solchen Augenblick die Initiative ergreifen und mit der Bitte um Lösungsvorschläge den Blick der Gesprächspartner nach vorne richten.
Warum sie in dieser Konfliktsituation gelandet sind und warum der andere alles ganz anders sieht, haben sie ja jetzt schonmal gesagt. Und nun können sie damit beginnen, den Weg zu finden, der sie wieder aus der Situation herausführt.

PfeilOptionen:
Sammle alle Vorschläge, die gemacht werden und versuche, sie in Deinen eigenen Worten zu formulieren. So können Deine Kollegen noch mal hören, wie sich ihre Vorschläge in anderen Worten anhören und ob sie realistisch sind.

Wenn es sehr viele Vorschläge sind, lohnt es sich, sie aufzuschreiben. Dann kann man sie besser gegenüberstellen, gegeneinander abwägen und sie miteinander kombinieren. Die beiden sollen nämlich jetzt besprechen, welche der Vorschläge ihnen am besten erscheinen.

Deine Aufgabe dabei ist es, im Blick zu behalten, dass nicht einer der Kontrahenten ja und amen sagt, damit alles schnell vorbei ist. Solltest Du dieses Gefühl bekommen, kannst Du jeden einzelnen fragen, welche Konsequenzen er/sie bei diesem oder jenem Vorschlag erwartet. Damit veranlasst Du beide, darüber nachzudenken, was für sie das Beste wäre. Und das ist die Garantie dafür, dass es zu einer Lösung kommen kann und diese Lösung auch von beiden angenommen wird.

PfeilKreativität:
Prüfe in Gedanken nach, ob Dir die Vorschläge überhaupt realisierbar erscheinen. Wenn Du merkst, die beiden steuern auf ein Phantasiekonstrukt zu, solltest Du ihnen das sagen. Mache aber deutlich, dass das Dein persönlicher Eindruck ist. Möglicherweise hast Du es mit zwei Superkreativen zu tun und was sie vorschlagen kann doch klappen, weil beide es so wollen.

PfeilEinigung:
Wenn bis hierhin alles gut gelaufen ist, haben Deine Gesprächspartner nun einen oder mehrere Lösungsvorschläge, mit denen beide einverstanden sind und auf die sie sich einigen.
Du kannst auf einfache Weise sicherstellen, dass für beide ganz klar ist, worauf sie sich einigen: Formuliere jeden Punkt, den sie beschlossen haben, in Deinen eigenen Worten und lasse sie zustimmen.

Photo by Oleg MagniWenn es mehrere Punkte sind, gilt auch hier: lieber aufschreiben. In einer Mediation heißt das „die Vereinbarung“. Du kannst das gerne handschriftlich machen, es ist aber wichtig, dass beide Parteien ein Exemplar bekommen.

Indem Du die Punkte, auf die Deine Kollegen sich geeinigt haben, aufschreibst, generierst Du zwei große Vorteile für sie:

  • Ihre Lösung wird verbindlicher, weil sie sich besser darauf berufen können.
  • Sie können nach einiger Zeit leichter überprüfen, ob ihre Lösung(en) wirklich zu einer Verbesserung geführt haben oder ob sie vielleicht noch etwas daran verändern möchten.

 

Du hast es geschafft!!

Denk’ bitte unbedingt daran, Dich bei Deinen Gesprächspartnern für ihr Vertrauen zu bedanken!
Du kannst Dich auch schon zu Beginn des Gesprächs dafür bedanken. Das macht deutlich, dass sich die beiden Kollegen wenigstens darin einig sind.

So, damit habt Ihr alles unter Dach und Fach und Du kannst Dir selbst auf die Schulter klopfen, weil Du Deinen Job als Vermittler nach den Regeln der Kunst bewerkstelligt hast! (natürlich nur heimlich, aber trotzdem: herzlichen Glückwunsch!) Was die beiden aus dem Gespräch machen, liegt ab jetzt wieder in ihrer eigenen Hand, Du kannst es ihnen getrost überlassen, schließlich sind sie ja schon erwachsen… .

 

Zum Schluss möchte ich Dir noch ein paar Insidertricks verraten:

AusrugungszeichenLege Dir bestimmte Formulierungen, die Du immer wieder verwenden wirst, zurecht und lerne sie auswendig. Keine Sorge, sie hören sich nur auswendiggelernt an, wenn Du sie für Dich selbst aufsagst. Im Gespräch änderst Du im Eifer des Gefechts die Formulierung sowieso ein wenig. Du gibst Dir mit dem Auswendiglernen aber selbst Sicherheit.

Solche Sätze können z.B. so lauten:

  • „Wenn ich Dich richtig verstehe, hast Du das Gefühl, das XY gemein ist. Verstehe ich das richtig?“
  • „Ich habe das Gefühl, das Verhalten von XY hat Dich geärgert. Ist das richtig? - Und kannst Du das noch genauer beschreiben?“
  • „Ich bin nicht sicher, dass ich das richtig verstehe. Kannst Du genauer beschreiben, warum Dir das wichtig ist?“

 

AusrugungszeichenÜberlege Dir, wie Du Dich in bestimmten Gesprächssituationen verhalten wirst. Also z.B., wie Du einen Gesprächspartner freundlich unterbrechen kannst, wenn er ausschweift. Oder wie Du einen Gesprächspartner beruhigst, wenn er sich sehr echauffiert. Oder wie Du reagierst, wenn einer der Gesprächspartner die Gesprächsregeln verletzt und die Grenzen überschreitet.

Da Du der Gesprächsleiter bist und die Verantwortung für den Ablauf hast, darfst Du Dir durchaus auch vorbehalten, die beiden Gesprächspartner mit deutlichen, sachlichen Worten zur Ordnung zu rufen. Und in manchen Situationen kann es sinnvoll sein, eine Pause oder eine Unterbrechung des Gesprächs vorzuschlagen. Z.B., wenn Du das Gefühl hast, einer der Gesprächspartner ist emotional sehr betroffen.

Ausrugungszeichen Stelle Dir Situationen vor, in denen Du das Gefühl haben könntest, in einer Sackgasse zu stecken. Mit dieser Möglichkeit solltest Du in jedem Gespräch rechnen und auf sie vorbereitet sein.
Z.B. kann es passieren, dass beide Gesprächspartner immer neue Vorwürfe zur Sprache bringen, die aber nur weitere Beispiele darstellen, ohne dass sie dazu beitragen könnten, die Situation besser aufzuklären. Oder Du verhaspelst Dich bei dem, was Du sagst so sehr, so dass Du noch mal neu starten möchtest. Das kommt vor und ist natürlich ok (niemand ist perfekt). Es hilft Dir, wenn Du Dich gedanklich mit solchen Situationen schon beschäftigt hast.

Hier ein paar Vorschläge, die Dir weiterhelfen könnten:

  • „Ich verliere hier gerade selbst den Faden. Deswegen lasst mich noch einmal zusammenfassen, was Ihr bisher gesagt habt.“
  • „Ich bin nicht sicher, wie wir gerade weiterkommen können. Darum lasst uns nochmal ein Stück zurückgehen und bei Punkt XY einsetzen.“
  • „Ich merke, dass Euch das ganz schön mitnimmt. Wollen wir eine Pause machen, damit wir alle mal durchatmen können?“
  • „Zu Beginn des Gesprächs haben wir uns ja auf bestimmte Regeln geeinigt. Dazu gehörte auch, dass Beleidigungen nicht stattfinden. Ich möchte Euch beide noch einmal bitten, diese Regeln zu respektieren.“

Ausrugungszeichen Du hast vielleicht bemerkt, dass diese Formulierungen zumeist damit beginnen, welchen Eindruck man gerade selbst gewonnen hat. Als nächstes wird die Zustimmung des anderen erfragt. Diese Art der Formulierung basiert auf dem Konzept der „gewaltfreien Kommunikation“.
Wenn Du mehr darüber wissen willst, findest Du im Internet zahlreiche Informationen. Als Lektüre dazu empfehle ich Dir „Gewaltfreie Kommunikation für Dummies“ (Al Weckert, Wiley_VCH Verlag, ISBN: 978-3-527-70821-5). Mit guten Erläuterungen und Übungen kannst Du lernen, wie gewaltfreie Kommunikation funktioniert.

Die Verhaltensregeln und Techniken, die ich Dir hier beschrieben habe, sind sicherlich nicht an einem Tag zu lernen. Deine Geduld beim Üben wird sich aber auszahlen, Deine Kommunikationsfähigkeiten werden stärker und Deine Kompetenzen in Krisensituationen werden wachsen.

Ich wünsche Dir viel Spaß und Erfolg beim Ausprobieren!!

Du möchtest mir einen Kommentar schreiben oder eine Frage stellen? Wende Dich einfach per e.mail an mich: m.stabba@adsencon.de.

zurück zum Blog

Autoreninformationen:

Autor: Martin Stabba

Datum der Veröffentlichung: 15. Dez. 2020

Martin Stabba, Gründer von AdsenCon, ist als Mediator und Konfliktmanager in Hannover tätig.
Er verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Teamentwicklung und Personalleitung.
Bei seiner Arbeit als Mediator liegt sein Hauptaugenmerk auf dem Konfliktmanagement in Teams und Organisationen.

Für Fragen oder Kommentare zum Artikel nehmen Sie bitte Kontakt via e.mail unter folgender Adresse auf:
m.stabba@adsencon.de